Fred Feuerstein | Reise nach innen

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Film ©  Michael Lauter | 2023

Die Spuren der Kunst von Fred Feuerstein finden sich in vielfältiger Weise im öffentlichen Raum seiner Wahlheimat Speyer, die Spuren seiner Kunst finden sich aber auch eingegraben, in den Seelen der Menschen, die sich mit ihr auseinandersetzen.
Nicht nur weil seine Skulpturen, Objekte und Bilder Zeugnisse eines soliden handwerklichen Könnens und unerschöpflicher künstlerischer Inspiration sind, sondern weil ihnen ein poetischer Weltbezug innewohnt, der Raum schafft für energetische Resonanzen.
Das Lied, das Feuersteins Malerei durch den Zauber ihrer Farben aus dem Schlaf weckt, ist kein lautes Lied, schon gar keine Marschmusik, es ist leise bis zur Unhörbarkeit, es ist das unerhörte Lied der Stille. Es erklingt überall dort, wo die Schall-Mauer der Oberfläche durchbrochen wird und das Auge das Wesen der Dinge zu schauen beginnt.

Bereits seine frühen Werke laden dazu ein, aktiv in spielerisch-nachdenkliche Aktion zu treten, zuweilen auch sich einzulassen auf eine Meditation – gerade heute in einer Zeit zunehmender Entfremdung von äußerst heilsamer Wirkung.

Im großen Bilderbuch aus den frühen 70ern zeigt sich auf 32 Doppelbildern explizit das Ineinander von geschärftem politischen Blick, utopischen Visionen und nicht zu brechendem Lebenswillen. Es ist eine große, beinahe mythische Erzählung über Entstehung, Entwicklung, Niedergang und Wiedergeburt der Menschheit, ein Gegenentwurf zu den immer enger, privater werdenden Zukunftsvisionen, denen man heute begegnet.

Die „Austauschbare Welt“ von 1969 ist wohl eines der ersten interaktiven Objekte zum Thema Umwelt. Bereits im Alter von 23 Jahren schuf er aus ausgedienten Bienenkästen eine originelle Wandcollage, bei der die mit Miniaturfiguren bestückten Kästen vor verschiedenen Natur- oder Industrielandschaften ausgetauscht werden können. So schuf Feuerstein vor mehr als einem halben Jahrhundert eine heile, friedliche Welt und zugleich die beklemmende Vision einer die Umwelt zerstörenden Menschheit.
Mit einer Mischung aus Realität und Magie, statischem Bild und Kinetik
überrascht Fred Feuerstein den Betrachtern beim Blick in seine Guckkästen. In seinen kleinen Universen gelingen ihm räumlich – farblich verblüffende Illusionen und entgegen den herkömmlichen Formen kommt eine mechanische Komponente hinzu: im Inneren bewegen sich Dinge, sie drehen sich, kippen und wackeln. Auf langsam sich bewegenden Drehbühnen brechen kleine Prismen den Lichteinfall und reflektieren die Farbigkeit der Hintergründe.
Jeder Kasten hält so eine neue optische Überraschung bereit. Was Feuerstein Farbspiele nennt, seine Serie von Guckkästen, die Experimente mit dem Kubus auf mehreren Ebenen – all das sind Seh-Übungen, erkenntnistheoretische Exerzitien, um sich der Vielfalt des Lebendigen bewusst zu werden und jeder einfachen Wahrheit zu misstrauen.

Seit Mitte der 1980er Jahre setzt sich Feuerstein in seinen Arbeiten verstärkt mit der Darstellung von Licht auseinander.Über mehr als zwei Jahrzehnte entstehen Arbeiten, die sich metamophorisch mit dem Licht auseinandersetzen, dem Licht als Gegenteil der Dunkelheit.
Es ist ein griechischer Mythos: Leben vollzieht sich im Licht der Sonne, leben heißt, das Licht der Sonne zu sehen und damit die Erkenntnis. Es ist also ein durchaus philosophischer Gedanke, der für Feuerstein den Hintergrund seiner künstlerischen Auseinandersetzung bildet und die auch immer mehr von der flächigen Dimension des Tafelbildes zur raumgreifenden Dreidimensionalität strebt.

Schicht um Schicht trägt Fred die Farbe auf. Manchmal sind es ein dutzend Farbschichten, die er übereinanderlegt. Es gehört schon Geduld dazu, zwischen den einzelnen Lasuren immer zu warten, bis der Untergrund trocken genug ist, und die nächste Farbschicht aufgetragen werden kann, um so am Ende die gewünschte Farbwirkung zu erzielen….
Was immer Fred Feuersteins Bilder zeigen, ob Felsen in finnischen Seen oder das faszinierende Phänomen des Nordlichts, das Farbenspiel der Mitternachtssonne oder die weiten Ebenen Russlands, die flirrende Hitze eines Wüstentages oder das Abendlicht, das ein griechisches Tal streift – immer scheinen sie das sanfte Gesetz der einfachen Dinge zu illustrieren, ja zu illuminieren. Man kann diese Bilder nicht betrachten, ohne ruhig zu werden, ohne hineingenommen zu werden in die Ruhe der Erkenntnis, dass Glück sich nicht erjagen lässt…

Das wohl für viele Mitbürger bekannteste Kunstwerk Fred Feuerstein steht im unteren Domgarten. Im Rahmen eines pädagogischen Projekt entwickelte er mit Speyerer Kindern eine bespielbare Skulptur – ein Kunstwerk zum Beklettern und Begreifen, und gleichzeitig ein riesiges naturwissenschaftlich korrektes Tiermodell.

Mit seiner künstlerischen Arbeit hat Fred Feuerstein das Bild der Stadt mit geprägt, mit seinen Werken Licht und Farbe in die Welt gebracht und mit seinem Glauben an die positive Magie der Kunst gezeigt, dass man die Welt nicht nur anders interpretieren, sondern auch ein Stück weit verändern kann.

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