Mitglieder des Künstlerbund Speyer stellen im Herrenhof Mußbach aus.
„Mensch und Raum“, Anmerkungen zum Thema
Ausstellung des Künstlerbund Speyer e.V. im Herrenhof Mußbach
Das Thema, dem sich die teilnehmenden Künstler des Künstlerbund Speyer für ihre Ausstellung im Herrenhof Mußbach gestellt haben, ist so alt wie die Menschheitsgeschichte selbst, mindestens aber als solches wahrnehmbar seit den Höhlenmalereien der Altsteinzeit.
Ein Lebewesen ohne Raum ist grundsätzlich nicht vorstellbar und doch wurde und wird „Raum“ in verschiedenen Kulturen und unterschiedlichen Epochen völlig anders wahrgenommen und definiert.
Ägypter und Römer hatten eine andere Sicht auf den abbildbaren Raum, ebenso das Frühe Christentum, das unseren „realen Perspektivraum“, der erst mit der Renaissance gefunden wurde, nicht kannte, weil der dargestellte Raum, in dem die Figuren agierten, als ein imaginärer, transzendierter, „geistiger“ Raum gedacht und „gesehen“ wurde.
Erst durch wissenschaftliche Erkenntnisse, der Sicht auf ein heliozentrisches Weltbild, setzte sich allmählich die Erkenntnis durch, dass der Mensch im ungeheuer unendlichen Weltall vielleicht doch nicht die bedeutende Rolle spielen könnte, die die Religionen jahrhundertelang den Gläubigen weiszumachen versuchten.
Die Folge dieser „neuen“ und kaum begreifbaren Erkenntnis waren Unsicherheit und Zweifel, aber auch die Suche nach völlig neuen Denk- und Vorstellungsweisen.
Von der ‚wissenschaftlichen‘ Zentralperspektive eines Masaccio („Die heilige Dreifaltigkeit“), wo der Gläubige den realen und den dargestellten Raum staunend kaum erfassen konnte – was ist real, was ist Vorstellung –, über Caspar David Friedrichs „Der Mönch am Meer“ – der kleine Mensch vor einer urgewaltigen, kaum fassbaren „Natur“-, bis zur Zertrümmerung des dargestellten Raums durch Picasso („Les Demoiselles d’Avignon“) und den Kubisten, sehen wir einen vielgestaltigen Weg, dem Menschen im Raum näher zu kommen, ihn zu verstehen, dem Widerstreit im Glauben und wissenschaftlicher Erkenntnis gerecht zu werden.
Was heißt „gerecht werden“? Wir sind mittendrin oder erst ganz am Anfang eines Prozesses des Verstehens, den Platon in seinem „Höhlengleichnis“ letztlich für gescheitert annimmt: Das „Erkennen“ ist ein schmerzhafter Prozess und manch Einer sehnt sich in die Geborgenheit der Höhle zurück, weil es leichter ist, einem schönen Schein zu folgen, als sich der harten Realität zu stellen.
Die teilnehmenden Künstler des Künstlerbund Speyer gehen so vielfältig an dieses Thema heran, wie es unsere heutigen Sichtweisen und Erkenntnisse zulassen:
Von der menschenentleerten Landschaft, der Korrespondenz zwischen Zuschauer und Raum-Bild, zu menschlichen Mischwesen, die zusammengedrängt versuchen, sich im Raumgefüge zurechtzufinden über schattenhaft-geisternde Wesen, Menschen in Zeit und Raum wie verloren, sowie dem freien Fall zwischen Erkennen, Erkenntnis und deren Negierung, bietet der Künstlerbund ein breites Spektrum in der Debatte um aktuelle Kunstströmungen und richtungsweisende künstlerische Aussagen.
Reinhard Ader, Vorsitzender Künstlerbund Speyer, im Juni 2021
Eine Auswahl von Werken (Details) der teilnehmenden Künstler:
Reinhard Ader – Christoph Anschütz – Stefan Becker – Nina Bußjäger – Gisela Desuki – Thomas Duttenhoefer – Martin Eckrich – Fred Feuerstein – Moritz Feuerstein – Karin Germeyer-Kihm – Reinhard Harz – Magdalena Hochgesang – Thomas Mann – Luisa Schmeisser – Eberhard Spitzer – Margarete Stern – Günter Zink
Wir freuen uns auch Deinen/Euren/Ihren Besuch!
Weitere Infos und Fotos zur Ausstellung unter „Beiträge“.
Die Vernissage ist unter folgendem Link im Livestream zu sehen: