Karin Germeyer-Kihm
Film © Michael Lauter | 2024
Das Hauptmotiv in den Arbeiten von Karin Germeyer-Kihm ist der Mensch. Meist sind es Personen, die in ihrem Leben, in ihren Erinnerungen, aber auch zum Teil in Büchern, die sie beschäftigt haben, eine Rolle gespielt haben. Bei der menschlichen Darstellung geht es ihr jedoch keineswegs um ein physiognomisch genaues Porträt; vielmehr sind die Figuren als Stellvertreter zu verstehen, weshalb sie meist ohne differenzierte Gesichtszüge gemalt sind.
Es geht der Künstlerin in ihren Bildern um die Vermittlung bestimmter, von ihr empfundener Stimmungen oder um die subjektive Wiedergabe von Erinnerungen, die zum Teil an die eigene Kindheit oder an Erlebnisse mit der Familie, den eigenen Kindern anknüpfen. Dass der Betrachter im Bild weder die gemeinten Situationen noch die Umgebung eindeutig vorgegeben findet, sondern sie immer individuell für sich interpretieren kann, ist ihre Absicht und genau das, was Karin Germeyer-Kihm an der Malerei fasziniert: Mit den Mitteln der Malerei, durch zum Teil ungegenständliche Formen und Farbklänge lassen sich frei interpretierbare Raumsituationen und auch figürliche Anmutungen schaffen. Dem Betrachter werden also keine unmittelbaren Lösungen für eine Bildinterpretation angeboten. Diese Deutung ist malerisch bewusst verschlüsselt und abstrahiert, ohne einen leichten Zugang zu bieten, und erfordert ein gewisses Maß an Sensibilität im Sehen und Denken, um sie zu erschließen.
Ihre Bilder entstehen meist im Malprozess selbst und entwickeln sich aus Skizzen oder Fotos, die lediglich als Ideengeber oder Anregung dienen. Der Umgang mit Farben, verschiedenen Malmitteln, Kreiden und Stiften, die vielfältigen Möglichkeiten, eine Fläche zu gestalten, bleiben in ihren Arbeiten immer wichtig und sind daher auch im Gestus stets sichtbar. So verschmelzen die Figuren und Gegenstände im Bildgefüge oft mit ungegenständlichen Farbfeldern und Flächen zu ganz eigenen Szenarien.
Ohne direkten Vorentwurf geht die Künstlerin an eine neue Arbeit, alles entsteht spontan und intuitiv auf der Leinwand, sie malt und übermalt, das Bild entsteht aus der Dynamik des Augenblicks. Sowohl Konstruktion als auch Destruktion sind wichtige Aspekte in ihrer Malerei, wobei bestehende Elemente übermalt und entfernt werden, um neue Formen oder Texturen zu schaffen. Immer wieder werden bewusst unkontrollierbare oder zufällige Techniken angewendet, Umrisslinien werden gesetzt, aber auch wieder verwischt, wodurch neue visuelle Effekte entstehen. Die titelgebende Hütte ist nur klein im Hintergrund zu erkennen. Im Vordergrund steht ein Mädchen, das in sich versunken seine Zöpfe flechtet. Nur schemenhaft kommt eine weitere Figur ins Bild, eine Rückenfigur… Die ganze Szenerie wird von goldgelbem Sonnenlicht überstrahlt. ….Traum, Realität oder Fiktion… alles bleibt offen und kann vom Betrachter selbst interpretiert werden. Ein warmer Abend im Strandbad – innehalten: den Moment und die Wärme der letzten spätsommerlichen Sonnenstrahlen genießen! – Diese Stimmung versucht die Künstlerin in ihrer Arbeit „Strandbad“ einzufangen.
Der Wald ist für die Künstlerin seit ihrer Kindheit allgegenwärtig: Das Elternhaus am Waldrand, die Sonntagsspaziergänge, das Spielen im nahe gelegenen „Erdbeertal“, viele fragmentarische Eindrücke aus dieser Zeit sind in Germeyer Kihms Arbeit „Im Tal“ collagenartig festgehalten.
Die Arbeiten von Karin Germeyer-Kihm sind stimmungsvolle, malerische Werke, die zwischen ruhig und friedlich, düster und bedrohlich oder melancholisch und nachdenklich variieren und trotz aller Subjektivität ein breites Spektrum emotionaler Empfindungen beim Betrachter auslösen.
„Strandbad“ Öl auf Leinwand
120 x 150 cm | 2019
„Comer See“ Öl auf Leinwand
120 x 150 cm | 2022
„Einblicke“ Öl auf Leinwand
90 x 110 cm | 2022